Dr. Albrecht Geier (MITglied des Landes-und Bundesvorstands) fragt nach: Wo ist unser Bundespräsident?

Montag, 30. November 2020


Wo ist unser Bundespräsident?

Zur Bewältigung der Pandemie werden Betriebe, Schulen, Universitäten, Konzertsäle,
Sportstätten, Restaurants und Hotels geschlossen. Berufliche Existenzen sind in höchster
Gefahr. Die Verängstigung vieler Bürger ist riesengroß. Zwischenmenschliche Kontakte
werden kraft ministerieller Verordnung minimiert. Vermeidbare Vereinsamung schreitet
voran. Der Konsens in der Gesellschaft franst aus.

Mit Staatsgewalt und Geldregen und – man kann sich gelegentlich des Eindrucks nicht
erwehren – mit von Regelungsdrang scheinbar berauschten Politikern wird die Gesellschaft
jedoch nicht zusammengehalten. Unsere freiheitliche demokratische Gesellschaft macht
mehr aus als Subventionen und Ordnungsmacht. Die Seele unseres freiheitlichen
demokratischen Gesellschaftsvertrages ist der selbstbewusste, eigenverantwortliche,
engagierte, aufgeklärte und informierte Bürger. Aus Angst vor Ansteckung und
Erkrankung lassen sich derzeit viele Menschen gerne bevormunden und lenken, ohne die
Sinnhaftigkeit und Richtung zu hinterfragen und zu ergründen. Die schleichende Gefahr,
sich an den Ausnahmezustand durch die Verordnungspolitik von Kanzler und
Ministerpräsidenten zu gewöhnen, ist greifbar. Der Untertan ist aber nicht unser Leitbild.
Aus Mangel an einem schlüssigen perspektivischen Fahrplan durch die Pandemie macht
sich vielfach Resignation und Enttäuschung breit. Im März nähten Bürger zu Hause noch
Masken. Allgemeinverfügungen ohne Spielraum für unterschiedliche örtliche Verhältnisse
wirken auf die Kreativität der Bürger jedoch einschläfernd. Entlarvend ist auch das
Regierungsvideo. Es zeigt einen Fast Food essenden, auf dem Sofa lümmelnden, jungen
Menschen.

Diese Gemengelage könnte die Sternstunde unseres Bundespräsidenten sein. Seine
Wirkmacht entfaltet der Bundespräsident durch das gesprochene Wort. Diesem Amt
kommt die Aufgabe zu, ein verbindendes Band um die unterschiedlichen gesellschaftlichen
Strömungen zu legen. Zuspruch, Aufmunterung, Perspektive – das fehlt vielen Menschen.
2020 reicht deshalb die übliche Weihnachtsansprache nicht aus.

Dr. Albrecht Geier